Ich wurde einst als Tochter zweier Sklaven im Haushalt eines vermögenden Mannes in Lys geboren. An meine ersten Lebensjahre erinnere ich mich kaum noch, doch das ist vermutlich normal. Mit meinem Dasein als Sklavin hatte ich mich schon immer abgefunden, kannte ich doch auch keine andere Art zu leben. Mein Meister, der ursprünglich aus Westeros stammte, legte einigen Wert auf die Bildung seiner Sklaven, weswegen ich bereits in jungen Jahren in den verschiedensten Sprachen unterrichtet wurde. Meine Mutter war die einzige Person, die mir nahestand, mit den anderen Sklaven pflegte ich kaum tiefere Beziehungen einzugehen und meinen Vater hatte ich nie kennengelernt, denn der einzige Zweck der Vereinigung meiner Eltern war es gewesen, neue Sklaven zu zeugen. Außerdem wurde mir schon früh beigebracht, dass es zum eigenen Selbstschutz besser war, keine emotionalen Bindungen zu anderen Sklaven einzugehen. Sklaven hatten keine Freunde, sonst würde man sich nur selbst zerstören, weil man um gemochte Menschen trauerte, falls diese starben oder verkauft wurden.

Ich war 11 Jahre alt, als mein Meister meine Ausbildung persönlich übernahm, beabsichtigte er doch, mich zu einer seiner Bettsklavinnen zu machen. Also lernte ich in den folgenden Jahren, wie ich meinen Meister zufriedenstellen konnte und lernte ebenso die Vorzüge meiner Position kennen. Immerhin hatte eine Bettsklavin einen gänzlich anderen Stand in der Hierarchie, als eine einfache Haussklavin. Zudem sah ich es durchaus auch als meine Erfüllung an, meinem Meister zu dienen. Zumindest so lange, bis er eine andere Sklavin mir bevorzugte. Sie war schöner und vermutlich auch talentierter als ich. Zwischen uns entbrannte eine erbitterte Feindschaft und ich gab mein Möglichstes, um die Gunst meines Meisters zurückzugewinnen, was mir allerdings nicht gelang. Das wurde mir spätestens klar, als ich mit 17 an einen seiner Geschäftspartner verkauft wurde. Lord Petyr Bealish nahm mich mit nach Westeros und ich bekam etwas anders als Lys zu sehen. Jeden anderen hätte das vermutlich gefreut, doch ich hasste es aus meinem gewohnten Umfeld herausgerissen zu werden. Immerhin war ich davon ausgegangen, meine Erfüllung darin gefunden zu haben, meinem Meister zu dienen und nun wurde mir genau das geraubt.

Fortan sollte ich meine Künste in Lord Baelishs Bordell in Königsmund ausüben, doch es feil mir äußerst schwer mich einzuleben. Ich, die ich mich in meinem ganzen Leben lediglich einem einzigen Mann hingegeben hatte, an diesen gewöhnt und von ihm ausgebildet worden war, sollte das nun mit unzähligen anderen tun? Es feil mir keinesfalls leicht und doch beugte ich mich selbstverständlich dem Willen meines neuen Meisters. Auch wenn es in Westeros eigentlich keine Sklaverei gab, so war Freiheit für mich doch ein recht abstrakter Begriff, mit dem ich nicht wirklich etwas anzufangen wusste. Also tat ich das, was von mir verlangt wurde und erarbeitete mir so, das Vertrauen Lord Baelishs, bis dieser beschloss, mich zu einem anderen Zweck einzusetzen. Aufgrund der Tatsache, dass ich bereits lesen und schreiben konnte, ebenso auch mehrere Sprachen beherrschte, schleuste er mich in den Roten Bergfried, wo ich zur Zofe von Lady Sansa Stark wurde. Lange Zeit war es für mich nur ein Befehl, ein Auftrag wie jeder andere und doch konnte ich nicht leugnen, dass mir die junge Lady ans Herz wuchs. Natürlich wusste ich, dass ich mich nicht darauf einlassen sollte, dass es schlecht war, mich emotional auf sie einzulassen, doch im Laufe der Zeit empfand ich mehr Sympathie für die junge Dame als für meinen Meister.

Daher war ich auch durchaus glücklich, als Lord Baelish mich bei der Flucht Lady Sansas aus Königsmund mitnahm, damit ich ihr weiterhin zu Diensten wäre. Inzwischen hatte ich begriffen, dass ich meine Erfüllung – etwas, nach dem jeder Sklave strebt – nicht im Dienst für meinen Meister gefunden hatte, sondern im Dienst für die junge Stark. Also schwor ich mir, dass ich ihr niemals wieder von der Seite weichen würde, begleitete sie nach Hohenehr und nach Winterfell, wo sie Ramsay Bolton ehelichte. Eine Zeit, in der sie weitaus mehr einer Freundin bedurfte, als jemals zuvor. Ich unterstützte sie, soweit es meine Möglichkeiten zuließen, auch wenn mir klar war, dass ich nichts tun konnte, um sie vor ihrem Gatten zu retten. Nach Sansas Flucht blieb ich in Winterfell in der Hoffnung, sie würde zurückkommen und die Burg von Lord Bolton befreien. Dessen Befragungen, wo meine Herrin wohl war, ließ ich über mich ergehen, schwieg um sie zu schützen, auch wenn ich natürlich selbst nicht wusste, wo es sie letztendlich hin verschlagen hatte. Warum er mich nicht getötet hatte, war mir allerdings durchaus ein Rätsel. Es gelang den Starks Winterfell zurückzuerobern und ich trat erneut in Lady Sansas Dienste, wenngleich die Rückkehr Lord Baelishs mich in gewisse Konflikte brachte, denn natürlich wollte er Informationen über die Dinge, die sie ihm nicht anvertraute. Also fütterte ich ihn lediglich mit Bruchstücken, denn alles zu verraten, was ich mitbekam, wäre gegen meine Ehre gegangen. Deswegen war sein Tod mehr eine Erleichterung gewesen.